top of page
Suche
  • Autorenbildjudithheuer

Update 3:Shut-Down mit Fehlern | Ruhe vor dem Sturm | krude Theorien | Kettenbriefe | der Selbsttest

Und es ist brennender denn je: Deutschland ist seit meinem letzten Beitrag mehr oder (leider) weniger zum Erliegen gekommen. Aus meiner Sicht der Dinge eine Woche zu spät, aber immerhin. Und im Hintergrund passieren gerade immer mehr krasse Dinge, die ich als Ärztin so noch nicht erlebt habe:

- Da fragt die Ärztekammer bereits an, ob sich - nicht mehr oder zurzeit nicht- arbeitende Ärzte vorstellen könnten, im Notfall mit einzuspringen,

- da werden Medizinstudenten darauf vorbereitet, demnächst mit ranzumüssen,

- da werden Briefings in Kliniken gegeben, die klarstellen, dass auch nachweislich infizierte Ärzte weiter arbeiten werden, solange sie sich gut genug dazu fühlen,

- da wird in Kliniken darauf hingewiesen, dass es leider keinen ausreichenden Vorrat an Atemmasken mehr gibt und auch kein Nachschub zu erwarten wäre. Die Folge: Maximal 2 Atemmasken pro Woche pro Person, die dann umschichtig gewechselt und getrocknet werden müssen. Normalerweise ist eine FFP2 oder FFP3 Maske nach 2-4 Stunden Tragezeit durch. Die Schutzfunktion nimmt im Laufe der Zeit rapide ab und das Personal ist immer weniger geschützt. Trotzdem muss damit weitergearbeitet werden, weil es keine Alternative gibt. -Hr. Spahn hat das Problem jetzt hoffentlich vorübergehend entschärft, ich bleibe aber gespannt, ob die Masken tatsächlich auch überall ankommen, wo sie gebraucht werden,

-da werden Turnhallen und Messehallen zu Notkrankenhäusern umgerüstet, damit Platz zur Versorgung derer vorhanden ist, die keine Intensivstation benötigen werden.

Ganz ehrlich: Dabei wird es selbst mir langsam mulmig.

Und trotzdem gibt es diese:

-Diejenigen, die da draußen rumlaufen, als wäre nichts geschehen,

-diejenigen, die das Virus ignorieren und alles nur für Panikmache halten,

-diejenigen, die verbreiten, dass es sich um eine normale Grippewelle handele und wir das nur Covid-19 nennen würden, weil jemand Geschäftstüchtiges einen Test dafür entwickelt hätte,

-diejenigen, die dir weismachen wollen, dass eine Herdenimmunität viel sinnvoller wäre und deswegen Corona-Partys feiern (und abgesehen von dieser auch mathematisch völlig irren Idee, gibt es erste Hinweise darauf, dass selbst ein leichter Erkrankungsverlauf nicht ohne Langzeitfolgen für die Lungenfunktion bleiben könnte: https://www.scmp.com/news/hong-kong/health-environment/article/3074988/coronavirus-some-recovered-patients-may-have -),

-diejenigen, die dir weismachen wollen, dass es sich bei dem Virus um eine Chimäre aus Corona, SARS und HIV handeln würde, das aus einem Biowaffenlabor aus Winnipeg stamme, nach Wuhan geschmuggelt und dann versehentlich oder gar wissentlich freigesetzt worden wäre (Abgesehen davon, dass die Chimären-Theorie inzwischen widerlegt wurde- http://virological.org/t/the-proximal-origin-of-sars-cov-2/398, hat es für mich nur noch akademischen Charakter zu wissen, woher das Ding kommt und ob es sich gar um eine Biowaffe handeln könnte. Wir haben es jetzt bei uns und müssen da durch.),

-diejenigen, die das Ganze für eine von einer höheren Macht gelenkte Säuberungsaktion halten, an deren Ende das Licht wieder strahlen werde und sich an dem, was da gerade passiert, ergötzen.

Da würde ich mir wünschen, dass diese ganzen Leute doch bitte ihre griechische Insel, ihren geblümten Sessel, ihr Eiscafé oder ihre Corona-Party verlassen würden, um nach Italien zu gehen und dort mit anzupacken.

Wer starke Nerven hat und sich einen authentischen Eindruck von der Situation in Italien holen mag, kann sich den FB-Post von Daniele Macchini im Original anschauen, der in Teilen schon durch die Medien ging (https://www.facebook.com/daniele.macchini.52/posts/3395152210500625, eine Übersetzung ins Englische gibt es hier: https://www.snopes.com/fact-check/italy-doctor-corona-not-flu/) oder die Fotos von Militärfahrzeugen in Bergamo, die Särge abholen, weil die Region mit dem Bestatten nicht hinterherkommt- https://www.n-tv.de/panorama/Militaer-transportiert-Leichen-aus-Bergamo-ab-article21653549.html.

Ja, das italienische Gesundheitssystem ist schlechter aufgestellt als unseres, ja, wir haben derzeit eine niedrigere Sterberate. Aber bitte lasst uns das Augenmaß behalten und feststellen, dass Italien anfangs die gleichen Fehler gemacht hat wie wir, und dass wir derzeit einfach noch Glück haben, weil das Virus vor allem in der jungen fitten Gruppe von Rückkehrern aus dem Skiurlaub und noch nicht so in der Risikogruppe angekommen ist. Tun wir alles dafür, dass das möglichst lange so bleibt!-


Und nun zu Social-Media: Ich mag Humor und nehme mich oft selbst nicht so ernst, trotzdem frage ich mich, was diese überbordende Menge an albernen bis geschmacklosen Corona-Memes soll, die sich in den verschiedenen Whatsapp-Gruppen, auf Insta und FB verbreitet. Dass mir das nicht allein so geht, merke ich an meinen Social-Media-adaptierten Kindern, die mich gebeten haben, darüber doch bitte auch mal etwas zu schreiben.

Ein weiteres Phänomen: Die Whatsapp-Kettenbriefe und Voice-Mails. Ist wieder einer davon unterwegs, bekomme ich ihn als wohlgemeinten Rat von zig Seiten, was mich jedes Mal erschüttert, denn oft könnte man schon beim Einschalten des eigenen Verstandes merken, dass es sich hier um einen Fake handelt: Z.B.

-Die Voice-Mail zu Covid-19 und Ibuprofen und Poldy: Besonders brisant, da Ibuprofen uns sehr geläufig ist und immer wieder in der Kritik steht, bei Virusinfektionen Komplikationen auszulösen (das Gleiche gilt übrigens für Diclofenac). Z.B. wird bei Windpocken davon abgeraten (Risiko von Weichteilinfektionen- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/07/03/besser-kein-ibuprofen-bei-windpocken) oder bei Grippe (Risiko von Infarkten- https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Erkaeltung-Medikamente-erhoehen-Infarktrisiko,erkaeltung256.html). Also hat unser Gehirn diese Nachricht gleich als glaubwürdig eingestuft und schon wurde geteilt, bevor über merkwürdige Aussagen nachgedacht wurde. „ Die haben mal das Virus und Ibuprofen zusammengebracht…“. -?? Wie bitte sollte das funktioniert sein. „ Die haben das noch nicht veröffentlicht…“ ?? Welchen Grund bitte hätte die Uni Wien, so etwas nicht zu veröffentlichen?


Erst nachdenken-dann teilen.


Das Tragische daran: Es gab einen möglicherweise wahren Kern, denn Ibuprofen wurde nun von der WHO tatsächlich als potenziell gefährlich bei Covid-19 eingestuft. Alternativ soll nun Paracetamol gegeben werden, was ich auch nicht für unbedenklich halte, da es von Laien leicht überdosiert werden kann (4g/d ist die Obergrenze, das entspricht 8 Tabl. à 500 mg/d) und darüber hinaus lebertoxisch ist bzw. ab 5g zu Leberschäden und ab 10g zu einem tödlichen Leberversagen führt. Außerdem ist der Markt innerhalb kürzester Zeit leergefegt gewesen.


-Der Kettenbrief, wie angeblich Menschen in Kanada informiert werden: Darin der Selbsttest für zuhause: Jeden Morgen 10 sec. Atem anhalten. Wenn man das ohne Beschwerden könne, wäre alles ok. Hintergrund: Die Lunge wäre bei Covid-19 bei Einlieferung ins Krankenhaus oft schon zu 50% fibrös.-

Totaler Blödsinn: Selbst Dr. Google hätte da weitergeholfen, denn ein fibröser Umbau einer Lunge kann die Folge einer Lungenerkrankung sein, tritt aber nicht am Anfang auf. Und 10 sec Luftanhalten ist doch echt nicht viel, oder? Mal auf die Uhr geschaut?

Außerdem solle permanentes Trinken helfen, weil es die Viren in den Magen spüle, wo sie von der Magensäure abgetötet würden. -Leider tritt das Virus aber auch über die Nase und Augen ein, wo trinken wenig hilft (und bevor du jetzt noch auf die Idee kommt, Nasenspülungen zu machen: Bitte die Finger davon lassen, denn mit der Nasenspülung treibst du das Virus garantiert in den letzten Winkel deiner Nasennebenhöhle, wo es sich bestimmt wohlfühlt- abgesehen von der seltenen, aber u.U. tödlichen Amöbeninfektion, wenn du nicht abgekochtes Wasser dazu verwendest https://www.spektrum.de/news/nasenspuelung-loeste-toedliche-amoebeninfektion-aus/1613986).

-Einen ähnlichen Kettenbrief gibt es in einer Variante, diesmal angeblich von einer italienischen Hämatologin. Zunächst spricht sie über Ansteckungswege, die nicht ganz logisch, aber doch irgendwie denkbar erscheinen, bevor sie wieder zur Lungenfibrose, dem Selbsttest und dem Trinken kommt und natürlich dazu auffordert, das aus Fürsorglichkeit doch bitte fleißig zu teilen.


Erst nachdenken- dann teilen.


Und meine ganz persönliche Methode mit diesen Kettenbriefen, die irgendwo zwischen Binsenwahrheiten und Fake einzuordnen sind: Ich serviere ihnen keinen Tee.

„Leave your front door and your back door open. Allow your thoughts to come and go. Just don’t serve them tea.“ (Shunryu Suzuki).


Als letztes Thema noch einmal das Testverfahren: Es gibt derzeit ein Video auf ntv-online, das von einer netten jungen Frau erzählt, die nach dem Skiurlaub einen Corona-Abstrich als Selbsttest zuhause durchführt. Die junge Frau wischt sich für den Selbsttest mit dem Teststäbchen gefühlt nur einmal durch den Mund, bei genauerem Hinsehen kann man dann doch erkennen, dass sie jeweils zweimal an den Wangeninnenseiten entlang streicht. Wenn ich so etwas sehe, könnte ich definitiv im Dreieck springen: Vorgeschrieben ist nämlich mindestens ein tiefer Rachenabtrich, d.h., der Abstrich muss hinter dem Gaumensegel entnommen werden. Zugegebenermaßen nicht ganz einfach. Aber ein Test kann noch so gut sein: Er kann nur das nachweisen, was er nachweisen soll, wenn die Probe dafür geeignet ist.- Das Irre dabei ist, dass auf der Website der Fa., die diesen Selbsttest anbietet, die Probenentnahme korrekt erklärt wird (https://meinrezept.online/corona-test/). Unser im Dauereinsatz befindlicher Virologe Drosten hat zum Thema Selbsttest auch eine Meinung:

„In einer am Montag in Berlin stattgefundenen Bundespressekonferenz schränkte Drosten laut dem Ärzteblatt den Rachenselbstabstrich auf „koordinierte Patienten“ ein: „Es muss natürlich ein koordi­nierter Patient sein, dem es gelingt, den Tupfer hinter das Gaumensegel zu führen“, zitiert das Ärzteblatt den Virologen. Bei älteren Patienten ist es nach Ansicht von Drosten besser, wenn der Arzt beim Abstrich dabei ist.“( https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/03/10/rachenabstrich-zuhause-wie-geht-s/chapter:2). Schade wiederum, das die Kassenärztliche Vereinigung auf ihrer Anleitung für den Selbsttest ebenfalls nur von „Mundschleimhaut, im hinteren Teil der Mundhöhle“ spricht.- Ganz ehrlich: bei so einer Beschreibung interpretieren das 99% falsch.

Das Problem dabei? Der Test fällt u.U. negativ aus, obwohl eine Infektion vorliegt, es wird zu spät behandelt und das Virus fleißig weiter verbreitet. Ein gutes Video aus China zu dieser Problematik: https://www.youtube.com/watch?v=tgyzdgf66eM&feature=youtu.be

Ja, Selbsttests können ein gutes Mittel sein, um ohne viel Aufwand und Gefährdung von Weiteren ein Ergebnis zu bekommen, aber dann sollte auch sichergestellt werden, dass sie korrekt durchgeführt werden, z.B. über eine Videosprechstunde, in der der Arzt den Abstrich anleiten und überwachen kann. Mehr als ein Smartphone und einen Internetverbindung braucht’s dazu nicht. Vielleicht käme dann Deutschland auch digital in der Medizin des 21. Jahrhunderts an.


Last but not least ein Satz, der mich von meinen finnischen Freunden erreichte:

„Your grandparents were called to war. You’re being called to sit on your couch. You can do this.”

Die Ausgangssperre wird kommen, wenn wir uns jetzt nicht alle zusammenreißen.

-Bitte, überlege dir bei allem, ob du da hin musst.

-Draußen Sport treiben ist ok, aber bitte für dich allein.

-Behalte überall den Mindestabstand von 1,5-2 Metern im Blick.

-Überlege dir eine Art Hygieneschleuse für zuhause: Wenn du nachhause kommst, Hände als erstes waschen, bevor du irgendetwas anderes berührst. Nutze Gästehandtücher o.ä., die du nach einmaligem Gebrauch waschen kannst. Reinige dein Smartphone.

-Und danach setze dich auf dein Sofa oder dein Meditationskissen.

Pass‘ gut auf dich und deine Lieben auf!

Demnächst gibt’s hier einen Blogbeitrag zu antiviralen Präventions- und Therapiemöglichkeiten aus der Mikronährstoff- und Phytotherapie – damit du selbst etwas tun kannst- und darüber hinaus Infos zu den aktuellen klinischen Therapieansätzen (Hydrochinon etc.).

Stay at home! Mögest du glücklich sein.


Hier noch ein Link zu einer hervorragenden Website über Covid-19: https://ourworldindata.org/coronavirus

169 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page